
Wer sich für Lost Places, Industriekultur, Geschichte und Architektur interessiert, muss im nächsten Urlaub nicht weit fahren. In Deutschland gibt es verschiedene spektakuläre Industriedenkmäler, die einen Besuch wert sind. Dabei handelt es sich nicht um Lost Places, auch wenn sie teilweise so anmuten.
Zeche Zollverein mit ihrem Förderturm
Die Zeche Zollverein mit ihrem Förderturm gilt für viele als die schönste Zeche der Welt und ist seit 2001 Teil des Weltkulturerbes der UNESCO.
Sie war die einst größte Steinkohlezeche der Welt und ist vielleicht der schönste Industriekomplex im Ruhrpott.
Die Zeche mit ihrem Förderturm befindet sich in Essen und zieht jedes Jahr mehr als eine Million Besucher an. Sie wurde von 1851 bis 1986 betrieben. Der gigantische Förderturm über Schacht 12 hat eine Höhe von 55 Metern. Die Zeche und die Kokerei können bei einer Führung besichtigt werden.

Völklinger Hütte als ehemaliges Eisenwerk im Saarland
Die Völklinger Hütte in Völklingen im Saarland wurde 1873 gegründet und 1986 stillgelegt. Sie wurde bereits 1994 in das Welterbe der UNESCO aufgenommen und ist das weltweit einzige noch vollständig erhaltene Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung.
Regelmäßig finden in der Völklinger Hüte Ausstellungen statt. Auf beschilderten Wegen von insgesamt sieben Kilometern erfahren Besucher alles über das Eisenwerk und seine Entwicklung, den Hochofen und das frühere Rohstofflager.

Gasometer in Berlin
Der Architekt Alfred Messel entwarf vor mehr als einem Jahrhundert den Gasometer in Berlin-Schöneberg, einen gigantischen Gasbehälter, der 1913 in Betrieb genommen wurde. Er wurde Mitte der 1960er Jahre stillgelegt und steht seit 1994 unter Denkmalschutz. Heute ist der Niedrigdruckgasbehälter das Wahrzeichen des EUREF-Campus in Berlin.
Der Gasometer ist bei Architektur- und Geschichtsinteressierten beliebt und kann auf geführten Touren besichtigt werden.
Besucher können den 78 Meter hohen Stahlkoloss auch besteigen und die Aussicht auf Berlin genießen. Allerdings müssen diejenigen, die den Aufstieg wagen, schwindelfrei sein und über eine gute Kondition verfügen.
Das Baudenkmal wurde inzwischen ausgebaut und wird seit 2024 auch für Veranstaltungen genutzt. Auf der obersten Etage befinden sich eine Terrasse und eine Sky Lounge.
Satelliten-Bodenstation Radom Raisting
In Raisting am Ammersee in Oberbayern wurde 1963 die erste Satelliten-Bodenstation der Deutschen Bundespost errichtet. Der Begriff Radom leitet sich von den englischen Wörtern Radar und Dome für Kuppel ab. Es handelt sich um eine Radarkuppel, die eine geschlossene Schutzhülle für Antennen bildet. Heute ist die Satelliten-Bodenstation denkmalgeschützt.
Die strebenlose Traglufthalle mit einem Durchmesser von knapp 50 Metern verfügt über eine ungefähr 25 Meter hohe Parabolantenne. Sie diente als Teil der Erdfunkstelle Raisting zum interkontinentalen Funkverkehr und war damals in der Geschichte des Satellitenfunks ein technischer Meilenstein. Das Random Raisting ist seit 1985 nicht mehr in Betrieb. Es kann von Mai bis Oktober bei Führungen besichtigt werden.

Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop
Das Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop war das erste Mehrschwimmerschiffshebewerk der Welt. Es wurde 1899 erbaut, um den Hafen in Dortmund an das westdeutsche Kanalnetz anzuschließen.
Schiffe wurden aus dem Dortmund-Ems-Kanal bis zu 14 Meter herausgehoben.
Das Schiffshebewerk wird seit 1969 in seiner ursprünglichen Form nicht mehr genutzt und ist heute das Zentrum des Schleusenparks Waltrop. Zum Schleusenpark gehören noch weitere Industriedenkmäler, darunter auch eine Großschifffahrtsschleuse.
Walchenseekraftwerk in Kochel am See
Das Walchenseekraftwerk in Kochel am See in Bayern, nahe der Kesselbachfälle, wurde 1924 als Hochdruck-Speicherwasserkraftwerk in Betrieb genommen. Es war damals mit einer installierten Leistung von 124 MW eines der größten Kraftwerke seiner Art in Deutschland.
Das Kraftwerk gilt als Wiege der industriellen Stromerzeugung in Bayern und sollte eine Verbindung vom Walchensee zum Kochelsee bilden. Der Bau war immens schwierig und forderte 17 Menschenleben. Entlang eines 200 Meter hohen Bergs verlaufen sechs Rohrverbindungen. Das Kraftwerk ist noch heute in Betrieb und produziert jährlich mehr als 300 Gigawattstunden Ökostrom.
Das Kraftwerk kann besichtigt werden und verfügt über ein Informationszentrum für Besucher. Eine handybasierte interaktive Erlebnistour bietet den Besuchern zahlreiche Rätsel und Herausforderungen.

Innenhafen von Duisburg
Der Innenhafen von Duisburg ist heute eine urbane Mischung aus Gastronomiebetrieben, kulturellen Einrichtungen, Wohn- und Bürogebäuden. Der 89 Hektar große Innenhafen war ab dem frühen 19. Jahrhundert Teil des Duisburger Hafenkomplexes und diente als Umschlagplatz für Kohle, Getreide und andere Güter.
In den 1960er Jahren verlor er aufgrund der strukturellen Veränderungen von Industrie und Schifffahrt an Bedeutung.
Der Innenhafen lag einige Jahrzehnte lang brach. Teile der Anlage sind verfallen. In den 1990er Jahren wurden internationale Architekten und Stadtplaner in das Projekt Duisburg Innenhafen einbezogen. Heute ist der Innenhafen ein beliebtes Freizeit- und Kulturviertel.
Leuchtturm Roter Sand auf hoher See
Der Leuchtturm Roter Sand in der Deutschen Bucht bei Butjadingen war das erste Offshore-Bauwerk der Welt und wurde 1885 eröffnet. Er stellte damals die Verantwortlichen vor große technische Herausforderungen und ist ein Symbol des technischen Fortschritts im Deutschen Kaiserreich.
Der Betrieb des 52 Meter hohen Stahlturms wurde 1964 eingestellt. Heute dient der Leuchtturm noch als Tagessichtzeichen. Aufgrund von Korrosionsschäden kann der Leuchtturm nicht mehr direkt besichtigt werden. Er ist nur noch von außen sichtbar. Gegenwärtig wird über die Versetzung des Leuchtturms diskutiert.









