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Eine Folge des Klimawandels? Immer mehr Quallen im Mittelmeer

Immer mehr Quallen im Mittelmeer
Eine Folge des Klimawandels? Immer mehr Quallen im Mittelmeer - Bild: © Oleksandr Dibrova #55396524 – stock.adobe.com

In diesem Sommer treten am Mittelmeer immer wieder sogenannte Quallenblüten auf. Schauplatz des Geschehens ist beispielsweise die um Triest gelegene Adriaküste in Italien, an der sich aktuell Tausende an Exemplaren der Lungenqualle tummeln.
Die Lungenqualle ist eine der größten Quallenarten aus dem Mittelmeer und tauchte schon im April in größeren Mengen an der Küste auf. Ähnliche Szenarien ereigneten sich bereits in den vergangenen Jahren.

Quallenaufkommen hängt von der Strömung ab

Abhängig von der Strömung, erscheinen die Quallen immer wieder an anderen Orten.

Beispielsweise meldeten Behörden kürzlich auch an der italienischen Amalfiküste sowie an der Côte d’Azur in Südfrankreich ein erhöhtes Quallenaufkommen.

Diese Situation verärgert nicht nur Badegäste. Zusätzlich müssen sich Fischer immer wieder mit größeren Quallenmengen in ihren Netzen auseinandersetzen.

Quallenaufkommen hängt von der Strömung ab
Quallenaufkommen hängt von der Strömung ab – Bild: © damedias #237524481 – stock.adobe.com

Gefahren für andere Meerestiere

Für andere Meerestiere verlaufen die Begegnungen mit Quallen oftmals tödlich. Für Menschen ist der Kontakt eher harmlos. Weil die Nesseltiere blind sind, stechen diese auf Nahrungssuche auf alle Objekte ein, denen sie begegnen.

Zur Lähmung ihrer Beute injizieren die Quallen ein Nervengift. Bei einem Kontakt mit Menschen kann es passieren, dass auf der menschlichen Haut stechende Schmerzen aufkommen und gar Narben entstehen. Doch diese Strategie verfolgen nicht alle Quallen. Während eine Feuerqualle sticht, schmerzt der Kontakt mit einer Lungenqualle Menschen nicht.

Quallen
Zur Lähmung ihrer Beute injizieren die Quallen ein Nervengift – Bild: © Phototribe #65302696 – stock.adobe.com

Eine Folge des Klimawandels

Für die immense Ausbreitung der Quallen gibt es verschiedene Gründe. Für Klimaexperten ist es logisch, dass das Auftreten der Quallenblüten auf die Klimaerwärmung sowie damit verbundene erhöhte Wassertemperaturen zurückzuführen sind. Extreme Hitzewellen verursachen europaweit nicht nur an Land Extremtemperaturen.

Im Mittelmeer liegen die Werte zum Teil fünf Grad über dem saisonalen Durchschnitt.

Laut Aussagen des WWF erwärmt sich das Mittelmeer um rund 20 Prozent schneller als der internationale Durchschnitt.

Hohes Quallenaufkommen im Mittelmeer

Schenkt man einer Studie des EU-Forschungsprogramms „Copernicus Marine Environment Monitoring Service“ Glauben, sind die höheren Wassertemperaturen im Mittelmeer eine Folge des Klimawandels sowie natürlicher Klimavariabilität. Zusätzliche durch Treibhausgase in die Atmosphäre gelangende Wärmeenergie wird beinahe komplett durch Ozeane absorbiert. Bereits seit Mai dieses Jahres wird das Mittelmeer von der marinen Hitzewelle überrollt.
Aufgrund der warmen Wassertemperaturen erscheinen Quallen früher und pflanzen sich im Gegenzug auch länger fort. Deshalb führt die zunehmende Klimaerwärmung zu einer deutlichen Ausbreitung der Quallen im Meer.

Hohes Quallenaufkommen im Mittelmeer
Aufgrund der warmen Wassertemperaturen erscheinen Quallen früher und pflanzen sich im Gegenzug auch länger fort – Bild: © Jason Lovell #97150857 – stock.adobe.com

Wandel vom Fisch- zum Quallenozean

Neben der Klima- und Wassererwärmung wirkt sich die Überfischung ebenfalls auf den erhöhten Quallenbestand aus. Diese Überfischung führt dazu, dass Quallen immer weniger Raubfeinden ausgesetzt sind. In einem gesunden Ökosystem ist es üblich, dass sich Fisch- sowie Quallenpopulationen durch gegenseitiges Auffressen regulieren.

Doch durch fehlende Fische entsteht ein biologisches Ungleichgewicht.

Dadurch mangelt es Quallen einfach an natürlichen Fressfeinden, der die Vermehrung der Quallen einschränken könnte. Dadurch vollzieht sich ein Wandel vom Fisch- zum Quallenozean. Erschwerend kommt durch die Überfischung hinzu, dass sich das Nahrungsangebot für Quallen immer mehr vergrößert. Fische und Quallen nehmen die gleichen Mikroorganismen zu sich. Weil es jedoch an Fischen mangelt, erweitert sich das Nahrungsangebot für Quallen.

In jüngster Vergangenheit wurde ebenfalls in den Regionen ein erhöhtes Quallenaufkommen beobachtet, an denen Erdöl aufgetreten ist. Schließlich ist Erdöl die Nahrung für eine Bakterienart, die wiederum die Bildung von Zooplankton fördert.
Dieser Zooplankton reiht sich auf der Liste der beliebtesten Nahrungsmittel für Quallen weit oben ein.

Überfischung
Neben der Klima- und Wassererwärmung wirkt sich die Überfischung ebenfalls auf den erhöhten Quallenbestand aus – Bild: © shocky #486975174 – stock.adobe.com

Quallenblüten schon im Altertum?

Einer Studie von Ferdinando Boero – einem Spezialisten für Zoologie von der Universität Salento – zufolge wurden Quallenblüten im Mittelmeer schon im Altertum dokumentiert. Dementsprechend ist das Phänomen nicht neu. Doch vor allem in den 1980er und 1990er Jahren griffen Medien das Thema immer wieder aufs Neue auf. In seinen Augen erfolgt die Zunahme der Quallen eher auf mediale und nicht auf reale Weise.

Doch über diese Ansicht gibt es verschiedene Standpunkte.

Einer anderen Meinung ist beispielsweise Ozeanograf Fabien Lombard, dessen Aussage zufolge sich der Quallenbestand in den 1980ern und 1990ern für jeweils fünf bis sechs Jahre verstärkte und daraufhin für den gleichen Zeitraum verringerte. Der aktuelle Quallen-Boom halte hingegen schon 25 Jahre in Folge an.

Mehr Klimaschutz durch verantwortungsvolles Fischen

Diesem Problem könne man nur entgegenwirken, indem große Probleme wie Überfischung oder Klimawandel angegangen werden. Eine interessante Option ist beispielsweise eine Entwicklung spezieller Netze. Eines liegt auf der Hand: Damit sich zukünftig weniger Quallenblüten entwickeln, ist der Kampf gegen Klimawandel und Überfischung unerlässlich.
Stabilisiert sich die Fischpopulation, reguliert sich im Gegenzug auch die Überpopulation von Quallen. Andernfalls erhöht sich die Gefahr, dass der Fischbestand in den Meeren dieser Welt noch stärker abnimmt.