Wirtschaft

Industrie warnt – Erhöhen sich Strompreise wirklich drastisch?

Industrie warnt vor Strompreis Erhöhung
Industrie warnt – Erhöhen sich Strompreise wirklich drastisch? - Bild: © bluedesign #307835944 – stock.adobe.com

Die Preise steigen an der Leipziger Strombörse. Diese Entwicklung betrachtet vor allem die Industrie mit Skepsis. Eine Trendwende ist in den Augen von Experten so gut wie ausgeschlossen.

Hohe Großhandelspreise für Strom

In den vergangenen Monaten haben sich Großhandelspreise für Strom massiv erhöht.

Seit März 2020 haben sich Notierungen für Lieferungen mit mehr als 70 Euro pro Megawattstunde an der Strombörse mehr als verdoppelt.

Seit ungefähr zwölf Jahren ist der Strom nicht mehr so teuer gewesen. Deshalb befürchten stromintensive Unternehmen in Deutschland nun, dass sie zunehmend ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.

Großhandelspreise für Strom
In den vergangenen Monaten haben sich Großhandelspreise für Strom massiv erhöht – Bild: © agnormark #175923042 – stock.adobe.com

Strompreise als massive Belastung

Wie Holger Lösch als stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Industrie betont, sind die angestiegenen Strom-Großhandelspreise für die Industrie eine massive Belastung. Dieses hohe Preisniveau trägt dazu bei, dass sich der europäische Strommarkt immer mehr von Industriestrompreisen konkurrierender Märkte distanziert.

Allerdings lässt sich nur darüber spekulieren, wie deutlich sich die angestiegenen Börsenpreise auf Privathaushalte auswirken. So ist es nicht auszuschließen, dass im Herbst eine erneute Welle von Strompreiserhöhungen für Haushalte folgt. Geben Stromanbieter die Preisanstiege einfach an die Börse weiter, ergäbe sich eine Verbraucherpreissteigerung von etwa 2,5 Prozent.
Dadurch würden sich die Kosten in einem Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden um ungefähr 30 Euro brutto erhöhen.

Strompreise als massive Belastung
Strompreise als massive Belastung – Bild: © Sashkin #125933423 – stock.adobe.com

Keine Preiserhöhung aufgrund steigender Großhandelspreise

Diesem Trend widerspricht Eon als größter Stromversorger von Deutschland. Seinen Aussagen zufolge sei der Anstieg der Großhandelspreise kein Grund für eine Preiserhöhung. Service, Vertrieb und Energieeinkauf beeinflussen die Strompreise nur zu etwa einem Viertel.

Deshalb erwirbt Eon die benötigten Energiemengen langfristig, da kurzfristige Schwankungen die Strompreise nicht beeinflussen.

Auf Industriestrom wirken sich schwankende Einkaufspreise wesentlich massiver aus. Indem zahlreiche energieintensive Firmen bei Abgaben und Steuern entlastet werden, erhöht sich der Anteil an Beschaffungskosten stärker als bei Haushalten. Aufgrund starker Stromschwankungen kaufen Industrieverbraucher den Strom nicht komplett auf einmal, sondern erwerben diesen zu mehreren Zeitpunkten in Teilmengen.

Kernkraftwerke werden zunehmend abgeschaltet

Derzeit wird der Großhandelspreis vor allem durch zwei Komponenten beeinflusst. Diese Entwicklungen beziehen sich auf Brennstoffe und Zertifikate für den CO2-Ausstoß, die wesentlich teurer geworden sind. Zusätzlich haben sich Gaspreise massiv erhöht.
Diese Entwicklungen setzen sich nach Löschels Einschätzung auch in naher Zukunft zunehmend fort. Seiner Aussage zufolge werden sich CO2-Preise langfristig auf dem jetzigen Niveau einpendeln. Es sei noch nicht einmal ausgeschlossen, dass die Preise noch weiter ansteigen.

Kernkraftwerke
Kernkraftwerke werden zunehmend abgeschaltet – Bild: © fototrm12 #174922389 – stock.adobe.com

Zudem werden die Folgen des Atomausstiegs sichtbar, da sich das Stromangebot reduziert. Dadurch ist die Abschaltung von Kernkraftwerken durch einen Ausbau erneuerbarer Energien kaum ins Gewicht gefallen.
Zudem ist in diesem und dem folgenden Jahr davon auszugehen, dass größere Kernkraftkapazitäten deaktiviert werden. Das heißt wiederum, dass alle Kraftwerke mit preiswerten Produktionskosten nicht mehr für die Stromversorgung infrage kommen.

Politische Maßnahmen gegen eine Erhöhung von Strompreisen

Ein erneuter Anstieg von Strompreisen lässt sich in den Augen von Verbraucherschützern nur durch politische Maßnahmen verhindern. Aus dem CO2-Preis erzielte Einnahmen müssen genutzt werden, um Kosten für auf dem Strompreis basierende Abgaben und Umlagen zu reduzieren. Immer mehr wandelt sich der Strompreis zu einem Politikum.
Würde die neue Bundesregierung die Stromsteuer und EEG-Umlage reduzieren bzw. abschaffen, könnte der Strompreis eingefroren bzw. reduziert und dementsprechend auch die finanzielle Belastung privater Haushalte angepasst werden. Auf diese Weise würde auch die Energiewende vorangetrieben werden.