Zahlungsverkehr in Deutschland – Folgt bald eine digitale Revolution?
Maske tragen, Hände desinfizieren und auf Mindestabstände achten: In Zeiten der Corona-Pandemie hat sich unser Alltag deutlich verändert. Die Hygieneregeln machen auch vor dem Umgang mit dem Zahlungsverkehr nicht Halt. Überall werden Verbraucher aufgefordert, zu bezahlen, ohne Geld oder Zahlenfelder der Kartenleser zu berühren. Wer kann, bezahlt aktuell vorzugsweise ohne Bargeld.
Aktuellen Untersuchungen zufolge bezahlen ungefähr 40 Prozent aller Menschen seit Beginn der Pandemie überwiegend mit der Karte. Dieser Trend wurde durch eine Studie der Europäischen Zentralbank bestätigt.
Inhaltsverzeichnis
Sinkender Bedarf an Kredit- und Girokarten
Doch das ist auch nur ein Teil der Entwicklung. Denn selbst der Griff zur Kredit- oder Girokarte wandelt sich zum Auslaufmodell.
Stattdessen folgt immer häufiger der Griff zur Smartwatch oder dem Smartphone, die einfach ans Lesegerät gehalten werden. In diese Geräte sind kleine Chips integriert, die mittlerweile landesweit mit rund 800.000 Kassenterminals verbunden sind.
Große Nachfrage nach dem Apple Pay-Service
Seit mittlerweile über zwei Jahren haben Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen die Gelegenheit, Apps für eine kontaktlose Zahlung auf ihren Android-Smartphones zu installieren. Weitere Tech-Unternehmen knüpfen an diesen Trend an.
Neben Apple und Google stellte Samsung vor kurzer Zeit den Bezahlservice Samsung Pay in Deutschland vor.
Inzwischen registrieren Apple und Sparkassen eine deutliche Nutzerzunahme. Von August bis Dezember hatte sich der Anteil an Apple-Pay-Nutzern der Sparkassen sogar verdreifacht. Darauf verwies Apple-Pay-Chefin Jennifer Bailey.
Hierzulande ist die Sparkasse die Nummer eins
Hierzulande ist die Sparkasse der beliebteste Anbieter für Giro- sowie Gehaltskonten. Ungefähr jeder zweite über 14-jährige Deutsche ist Kunde der Sparkasse. Das Institut gab inzwischen über 46 Millionen Girocards aus.
Der Apple Pay Service funktioniert mittlerweile ebenfalls per Girokarte. Wie Joachim Schmalzl als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Giro- und Sparkassenverbandes bestätigt, wurde die Etablierung von Apple Pay als eine der erfolgreichsten Produkteinführungen aller Sparkassen in den vergangenen Jahren bewertet. Die Erwartungen des Sparkassenverbands und Apple wurden dabei übertroffen.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird diese Zahl auch im nächsten Jahr ansteigen – mit der Einführung der E-Commerce-Unterstützung durch Apple Pay für die Girocard.
Eine eingeschränkte Girocard-Nutzung für Apple Pay
Aktuell müssen Sparkassen-Kunden, die ihre Girocard für Apple Pay verwenden, noch Einschränkungen in Kauf nehmen.
Bislang können Kunden die Apple Pay-Funktion nur auf der Apple Watch oder einem iPhone nutzen.
Für iPads bzw. für Online-Einkäufe mit einem Mac-Computer steht der Service hingegen noch nicht zur Verfügung. Allerdings ist die Einführung dieser Funktion für die Jahresmitte geplant.
Zudem ist eine Nutzung von Apple Pay mit einer Girocard außerhalb Deutschlands bislang ebenfalls noch nicht möglich. Nichtsdestotrotz ist die Girocard-Funktion in Verbindung mit Apple Pay für den deutschen Markt von Bedeutung, da wesentlich mehr Nutzer zu einer Girocard anstatt zu einer Kreditkarte greifen.
Rund 1.250 Bankinstitute werden durch Apple Pay unterstützt
Hierzulande unterstützt Apple Pay eigenen Angaben zufolge ungefähr 80 Prozent aller Banken von rund 1.250 Bankinstituten. Weltweit sind es sogar ungefähr 8.400 Banken. Detaillierte Zahlen liefert Apple zwar nicht.
Jedoch geht die von dem einstigen Wall-Street-Tech-Analysten Gene Munster ins Leben gerufene Venture-Capital-Firma Loup Ventures davon aus, dass ungefähr 50 Prozent von allen iPhone-Nutzern ebenfalls Apple Pay nutzen. Das entspricht einem Anteil von ungefähr 500 Millionen Usern.
Konkurrent Google gibt hingegen zu verstehen, dass dessen Service Google Pay mittlerweile von 150 Millionen Nutzern in 30 Ländern beansprucht wird.
In Deutschland besteht für Samsung Pay aktuell noch deutlicher Verbesserungsbedarf. Der Bezahlservice ist aktuell ausschließlich auf Galaxy-Smartphone-Modellen nutzbar. Zu detaillierten Nutzerzahlen beziehen die Anbieter hingegen nicht Stellung.
Neun Prozent aller Deutschen haben bereits via Smartphone bezahlt
In einer aktuellen Umfrage zu diesem Thema verwies das Marktforschungsinstitut Allensbach jedoch darauf, dass deutschlandweit ungefähr neun Prozent der Bevölkerung bereits mit ihrem Smartphone bezahlt haben.
Allerdings betonte jeder vierte Befragte, einen Bezahlvorgang via Smartphone durchaus in Erwägung zu ziehen. In den Augen von Regulierern hat die neue Strategie der Tech-Konzerne allerdings auch eine negative Seite. So leitete die Europäische Kommission im Juni 2020 eine kartellrechtliche Untersuchung ein.
Zur Debatte stünden notwendige Konditionen, um Apple Pay ebenfalls in Webseiten und Apps von Händlern zu integrieren. Zudem müssen Beschränkungen für einen Zugang zum Funkchip ausdiskutiert werden, der für eine kontaktlose Bezahlung genutzt werden soll.
Schließt sich Facebook dem Trend an?
Apple Pay kooperiert mit 2.600 Banken und weiteren Finanzinstitutionen, denen beispielsweise 250 Fintech-Start-Ups angehören. Apple Pay versteht sich als Plattform, durch die es kleinen Marktteilnehmern möglich ist, mit einer großen Teilnehmerzahl zu konkurrieren. Aktuell scheint es, als würde Facebook ebenfalls über eine Einführung mobiler Bezahlsysteme nachdenken.
Beispielsweise hat das soziale Netzwerk in Indien bereits WhatsApp Pay gestartet. Zugleich unterstützt Facebook die Kryptowährung Libra, die jetzt als Diem bezeichnet wird. Apple steht den Kryptowährungen eher skeptisch gegenüber. Nach Aussagen von Apple-Managerin Bailey sei es günstiger, wenn die Währungen über Zentralbanken und Regierungen überprüft werden.