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Der Euro: Warum ist die Währung so schwach?

Der Euro: Warum ist die Währung so schwach?
Der Euro: Warum ist die Währung so schwach? - Bild: © gopixa #80314970 stock.adobe.com

Bereits seit mehreren Jahren kennt der Euro als Währung nur eine Richtung – steil nach unten. In jüngster Vergangenheit legte die Talfahrt sogar deutlich zu. Erst vor einigen Tagen fiel der Kurs auf knapp 1,02 US-Dollar und erreichte damit den Tiefststand seit fast zwei Jahrzehnten.
Doch warum befindet sich die Währung von derzeit 19 zur Europäischen Union gehörigen Ländern auf einem solch bedenklichen Kurs? Und welche Folgen drohen durch den Wertverlust?

Zwei Gründe

Experten begründen die Schwäche des Euros mit zwei Entwicklungen. Ein möglicher Grund sind etwaige Bedenken vor einem wirtschaftlichen Absturz. Wie Analysten der Commerzbank betonen, nehmen Rezessionsängste in Deutschland stetig zu. Diese Meinung vertreten ebenfalls Experten der Dekabank. In ihren Augen „greift die Konjunkturangst“ um sich.

Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe.

Doch eine der wichtigsten Ursachen ist der aktuell allgegenwärtige Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine. Diese kriegerische Auseinandersetzung führt ganz Europa die Abhängigkeit von Gaslieferungen durch Russland vor Augen. Mittlerweile hat Russland die Lieferungen bereits stark gedrosselt. Bleiben die Gaslieferungen komplett aus, ist eine weitreichende wirtschaftliche Rezession wahrscheinlich.
Außerdem wirkt sich die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank auf die aktuell bestehende Euro-Schwäche aus.

Schwäche des Euros
Experten begründen die Schwäche des Euros mit zwei Entwicklungen – Bild: © Jamrooferpix #76912234 stock.adobe.com

Reaktionen von Notenbanken

Zahlreiche andere Notenbanken sagten der hohen Inflation bereits den Kampf an und hoben ihren Leitzinssatz deutlich an. Vorreiter ist beispielsweise die mächtige US-Notenbank Federal Reserve. Die Europäische Zentralbank ist hingegen eine von nur noch wenigen Notenbanken, die eine Erhöhung des Leitzinses bislang lediglich ankündigte.
Im Juli stieg der Leitzins zwar zum ersten Mal seit elf Jahren etwas an. Die Erhöhung belief sich jedoch auch nur auf 0,25 Prozentpunkte. Dieser Anteil ist im Vergleich zu vielen anderen Zentralbanken sehr gering.

Kampf gegen hohe Inflation
Zahlreiche andere Notenbanken sagten der hohen Inflation bereits den Kampf an und hoben ihren Leitzinssatz deutlich an – Bild: © photoschmidt #410453170 stock.adobe.com

Ein ungünstiger Moment

Die massive Schwäche des Euros trifft bei den aktuell bestehenden hohen Inflationsraten natürlich auf einen sehr ungünstigen Moment. Je geringer der Wechselkurs dieser Währung ist, desto mehr stärken sich andere Währungen wie der US-Dollar. Diese Entwicklung verursacht wiederum eine Preiserhöhung von nach Deutschland eingeführten Waren.

Zudem führt der Prozess dazu, dass sich die bereits jetzt schon bestehende hohe Inflation noch einmal verschlimmert.

Diese Entwicklung hat zur Folge, dass Verbraucher aufgrund des sinkendes Eurokurses noch mehr Geld für ihre Lebenshaltungskosten bezahlen müssen. Besonders massiv sind die Energie- und Rohstoffpreise, die zukünftig noch weiter steigen werden.
Schließlich ist es international üblich, in US-Dollar zu bezahlen. Während sich der US-Dollar aufwertet, sinkt der Wert des Euro immer mehr. Diese Entwicklung führt außerdem dazu, dass Reisen in die meisten Länder ohne die Gemeinschaftswährung durch den fallenden Euro immer teurer werden. Hinzu kommt, dass sich der Inflationskampf der EZB noch zuspitzen dürfte.

Wer profitiert von der Entwicklung?

Ein Profiteur dieser Entwicklung ist die Exportnation Deutschland. Schließlich werden in Deutschland hergestellte Produkte aufgrund des fallenden Euro-Wechselkurses für andere Länder deutlich preiswerter. Möglicherweise mündet ein wechselkursbedingter Nachfrageschub deshalb in einer Abbremsung der wirtschaftlichen Abschwächung.

Allerdings muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, dass sich die wirtschaftliche Lage in vielen Ländern ähnlich negativ wie in Deutschland entwickelt. Konjunkturell dürfte die Auslandsnachfrage eher sinken als ansteigen. Das heißt, dass der schwache Euro aufgrund des positiven Nachfrage-Effekts noch einmal zusätzlich ausgebremst wird.

Exportnation Deutschland
Ein Profiteur dieser Entwicklung ist die Exportnation Deutschland – Bild: © tunedin #80506688 stock.adobe.com

Prognosen für die weitere Entwicklung des Euro

Parität kennzeichnet ein Tauschverhältnis von eins zu eins. Dieses Verhältnis rückt beim aktuellen Eurokurs sowie dem Dollarkurs von 1,02 immer näher. Nur zum Vergleich: Vor ungefähr zwei Jahrzehnten war ein Euro exakt einen Dollar wert. In den Augen von Analysten ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Euro dieses Niveau auch in naher Zukunft wieder erreicht.
Wie Experten der Dekabank spekulieren, ist eine Parität beider Währungen „sehr wahrscheinlich“.

Der Landesbank Hessen-Thüringen angehörige Volkswirte gehen ebenfalls davon aus, dass eine baldige Parität durchaus möglich ist.

Allerdings sind bislang noch keine Anzeichen einer Trendwende vorhersehbar.

Was kostet der Euro?

Spezielle wirtschaftliche Konsequenzen hat der Kursverfall zwar nicht auf die Parität. Doch die Signalwirkung ist unumstritten. In Bezug auf die Mengennotierung entschieden sich Finanzexperten dafür, zu fragen, wie viel Geld der Euro kosten wird.
Mit dieser Frage solle ein Signal für wirtschaftliche Unabhängigkeit und Stärke der Währungsunion gesetzt werden. Würde der Kurs unter Parität sinken, wäre der internationale Ruf des Euro noch einmal zusätzlich geschädigt.